Arzneimittelsicherheit als strategische Aufgabe – Austausch bei der SVS
Hoch über den Dächern von Wien durften wir gemeinsam mit Herrn Obmann Lehner von der Sozialversicherung der Selbständigen (SVS) über ein Thema sprechen, das uns bei MEDCH besonders am Herzen liegt: Medikationssicherheit.
Medikationsfehler gehören zu den häufigsten, teuersten und folgenreichsten Risiken in der Gesundheitsversorgung. Studien zeigen: Rund 10 % aller Krankenhausaufnahmen sind medikationsbedingt – ein Drittel davon wäre vermeidbar. Allein in Österreich entstehen dadurch jährlich vermeidbare Kosten in Millionenhöhe – ganz abgesehen von den individuellen Folgen für Patient:innen.
Warum Handeln jetzt wichtig ist
Die Herausforderungen in der Arzneimitteltherapie nehmen stetig zu. Jedes Jahr werden rund 100 neue Wirkstoffe zugelassen – viele davon für die Dauertherapie vorgesehen. Gleichzeitig wächst die Zahl älterer Patient:innen mit Mehrfacherkrankungen, die oft mit einer Vielzahl von Präparaten behandelt werden. Diese zunehmende Polypharmazie macht die Arzneimitteltherapie immer komplexer. Ärzt:innen stehen daher Tag für Tag vor der Aufgabe, unter enormem Zeitdruck für jede einzelne Patientin und jeden einzelnen Patienten die richtige Dosierung, mögliche Wechselwirkungen und Nebenwirkungen im Blick zu behalten.
Fehler entstehen nicht aus Nachlässigkeit, sondern weil die Anforderungen im klinischen Alltag kaum noch in der verfügbaren Zeit zu bewältigen sind. Digitalisierung und Automatisierung, etwa durch elektronische Fieberkurven oder Interaktionschecker, können unterstützen, ersetzen jedoch nicht die klinische Urteilskraft. Entscheidend bleibt das Wissen und die Sicherheit jener Fachkräfte, die täglich Therapien verordnen, überprüfen und anwenden. Genau hier gilt es anzusetzen, wenn Medikationsfehler wirksam reduziert werden sollen.
Wie MEDCH unterstützt
Genau hier setzt MEDCH an. Mit realistischen Fallbeispielen werden häufige Unsicherheiten im klinischen Alltag abgebildet. In kurzweiligen Lerneinheiten können Ärzt:innen, Pharmazeut:innen und Pflegekräfte trainieren, was in der Ausbildung oft zu kurz kommt: klinisches Denken unter Zeitdruck, differenzierte Arzneimittelentscheidungen und interdisziplinäre Kommunikation.
MEDCH stärkt Wissen, Reflexionsfähigkeit, Sensibilisierung sowie Teamarbeit und fördert eine Sicherheitskultur, die weit über Lehrbücher hinausgeht. Gerade weil MEDCH akkreditiert (DFP, AFP), evidenzbasiert und kliniknah aufgebaut ist, kann es nahtlos in bestehende Strukturen integriert werden. So entsteht nachhaltiger Wissensgewinn, der nicht nur Ärzt:innen, sondern auch Patient:innen unmittelbar zugutekommt.
Gemeinsame Wege mit der SVS
Im dem Dreiergespräch wurden unterschiedliche Optionen einer Zusammenarbeit diskutiert. Diese reichen von der kostenfreien Fortbildung für Vertragsärzt:innen, die regelmäßig MEDCH nutzen und dadurch häufige Medikationsfehler reduzieren können, bis hin zu einem gemeinsamen Deprescribing-Projekt, das gezielt Polypharmazie adressiert und praxisnahe Handlungsanleitungen vermittelt. Gerade das Thema Deprescribing – das bewusste Reduzieren oder Absetzen von nicht mehr notwendigen oder potenziell schädlichen Medikamenten – ist für ältere Patient:innen mit Mehrfacherkrankungen von enormer Bedeutung. Es steigert nicht nur die Lebensqualität, sondern kann auch Kosten signifikant reduzieren.
Gemeinsam sind überzeugt: Prävention beginnt mit Wissen.
Wenn Entscheidungsträger:innen wie die SVS in dieses Wissen investieren, stärken sie die Patientensicherheit, erhöhen die Effizienz des Systems und leisten einen wesentlichen Beitrag zur Kostenkontrolle. Um diesen Weg gemeinsam zu gehen, wurde vereinbart, im kommenden Herbst ein erstes Projekt gemeinsam zu starten – mit dem Ziel, Medikationsfehler systematisch zu reduzieren und die Arzneimitteltherapiesicherheit in Österreich nachhaltig zu verbessern.