Aktuelles

Psychologie schlägt Dashboard

Gerhard Feilmayr, 29.10.2025

Oder - Warum Pharma-Kommunikation den Menschen wieder stärker in den Mittelpunkt stellen sollte.

Der Verbraucher ist nicht dumm – er ist deine Frau.“
David Ogilvy, 1963

Ein Satz, der zum Fundament moderner Marketing-Psychologie wurde – und heute aktueller wirkt denn je. Während die pharmazeutische Industrie Milliarden in Kampagnen investiert, liegt der Fokus oft auf Dashboards, KPIs und KI-gestützten Tools. Vieles ist messbar, aber nicht alles bedeutsam. Denn letztlich entscheidet kein KPI über eine Therapie. Ärzt:innen suchen Orientierung – nicht Optimierungsschleifen.

Klinische Realität: Entscheidungen unter Zeitdruck

Der klinische Alltag ist komplex: neue Wirkstoffe, Leitlinien, Multimorbidität, Polypharmazie, Zeitdruck. Ärzt:innen müssen oft in kurzer Zeit wichtige Entscheidungen treffen. In dieser Situation zählt nicht die Kampagnenlogik, sondern ob Information Orientierung bietet – ob sie Sicherheit vermittelt, praktikabel ist und relevante Risiken benennt. Nur wenige Kommunikationsangebote erfüllen diesen Anspruch konsequent.

Klinische Realität: Komplexität unter Zeitdruck
Der Alltag in Spitälern und Praxen ist geprägt von ständig neuen Wirkstoffen, komplexen Leitlinien, Multimorbidität, Polypharmazie und enormem Zeitdruck. Ärzt:innen müssen oft in wenigen Minuten essentielle Entscheidungen treffen. In diesem Kontext zählt keine optimierte Kampagnenlogik, sondern eine Information, die sofort Orientierung bietet: Ist die Therapie sicher? Ist sie Praktikabel? Welche Risiken sind relevant? Zu wenige Kommunikationsangebote erfüllen diesen Anspruch. Zu oft wird ein Produkt ‚beworben‘, statt dass kritische Informationslücken adressiert werden.

Was Marketing-Klassiker uns lehren
Zentrale Prinzipien erfolgreicher Kommunikation behalten ihre Gültigkeit – auch in der Medizin:

  • David Ogilvy: „Respektiere dein Gegenüber“. Ärzt:innen brauchen präzise, fachlich korrekte Informationen, keine plakativen Werbeslogans.

  • Mary Wells Lawrence:Emotionen bewegen“. Für Ärzt:innen sind das nicht Kaufanreize, sondern Patientensicherheit, Kompetenz und Zeitgewinn.

  • Ernest Dichter:Verstehe die unbewussten Motive“. Ärzt:innen wollen Risiken vermeiden, das Vertrauen ihrer Patient:innen sichern und ihre eigene Autorität stärken. Das sind tiefere Beweggründe als jede Kennzahl.

Von Kennzahlen zu Erkenntnissen
Natürlich sind KPIs nicht nutzlos. Sie geben Hinweise auf Reichweite und Aufmerksamkeit. Doch sie dürfen nie Selbstzweck sein. Ein hoher Öffnungswert erklärt nicht, warum ein Arzt im klinischen Alltag zu einem Präparat greift, oder warum er trotz Werbekampagne eine andere Option bevorzugt. Echte Erkenntnis entsteht erst dann, wenn Kommunikation psychologische Faktoren berücksichtigt: Welche Unsicherheiten sind entscheidend? Welche klinischen Szenarien treiben die Wahrnehmung eines Präparats? Welche Risiken sind subjektiv bedeutsamer als die dokumentierte Evidenz?

Handlungsempfehlungen
Eine intelligente Pharma-Kommunikation muss beide Ebenen verbinden: die logische Messbarkeit und die psychologische Tiefe. Das bedeutet:

  • Evidenz übersetzen: Komplexe Studiendaten in klinische Fallbeispiele übertragen.

  • Klarheit schaffen: Präzise Botschaften statt Feature-Listen. Einfachheit ist kein Mangel an Professionalität, sondern ein Zeichen von Respekt.

  • Training fördern: Wissensvermittlung wirkt nachhaltiger als jede Kampagne – Ärzt:innen brauchen Sicherheit, nicht Schlagworte.

  • Dialog pflegen: Feedback aus der Praxis ist wertvoller als jedes Dashboard. Nur hier zeigen sich unausgesprochene Fragen und Unsicherheiten.

Fazit:
Pharma-Kommunikation steht vor einer Neuausrichtung. Zahlen helfen, Erfolge zu dokumentieren. Doch entscheidend bleibt die Wirkung im klinischen Alltag. Wer Kommunikation als Wissens- und Vertrauensprozess versteht, schafft Relevanz und stärkt Beziehungen.

Ogilvys Satz gilt auch hier: Respektiere dein Gegenüber. Denn für Ärzt:innen zählt vor allem eines – Information, die in entscheidenden Momenten Orientierung gibt.